Das SUV muss viel ertragen. Mal wird es als Stadtpanzer verunglimpft, wer sich etwas genauer auf die Suche nach der Langversion des Kürzels macht, gelangt schon mal zu der Übersetzung Stadtgeländewagen. Allen kruden Versuchen zum Trotz erfreut sich das SUV ungebrochen steigender Beliebtheit und hat unter den drei Buchstaben eine eigene Gattung etabliert. Es verbindet hohes, also bequemes Sitzen mit dem Gefühl größerer Sicherheit, es fährt nicht wie dereinst die Minivans wie ein schwangerer Toaster, es sieht auch lässiger aus und ist zudem noch praktisch für Kind und Kegel. Wer über den Platzbedarf im Straßenbild nörgelt, mag sich vor Augen führen, dass die mindestens die gleiche Fläche beanspruchenden Minivans vom SUV ersetzt oder verdrängt wurden.
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Redakteur in der Wirtschaft, zuständig für „Technik und Motor“.
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In nahezu allen Größenklassen gibt es Modelle, die meisten treiben weder Sport, noch sehen sie jemals Gelände. Aber angesichts der Wachstumszahlen ist es kein Wunder, dass auch Marken in den Markt einsteigen, die tatsächlich Sport in den Genen tragen. Nach den potenten Porsche Cayenne, Alfa Romeo Stelvio, Maserati Levante, Jaguar F-Pace sowie den AMG, M oder S-Modellen von Mercedes-Benz, BMW und Audi tritt das britische Urgestein Aston Martin an, der betuchten Kundschaft ein wahres Sport Utility Vehicle zu servieren. In dieser extravaganten Liga der Exoten trifft der DBX auf einen Lamborghini Urus oder den erfrischten Bentley Bentayga, womöglich kommt eines nicht zu fernen Tages auch ein hochbeiniger Ferrari hinzu.
Dass Aston Martin den DBX jetzt in den Verkauf geben kann, ist ein kleines Wunder. Mal wieder ist ein Retter bereit, sich auf das Abenteuer einzulassen. Mal wieder, denn am Rande des Ruins produziert Aston Martin eigentlich schon seit seiner Gründung vor einhundert Jahren. Der kanadische Unternehmer Lawrence Stroll hat nun ein paar hundert Millionen Pfund in die Hand genommen und das Sagen bei dem von einem Sammelsurium an Investoren geführten Unternehmen übernommen. Sein Sohn Lance fährt in der Rennserie Formel 1, und so schließt sich ein schneller Kreis, der die an der Börse abgeschmierte Sportwagenschmiede wieder auf Kurs bringen soll. Als Mann fürs Tagesgeschäft wurde Tobias Moers von AMG aus Deutschland an Bord geholt, einer mit gutem Gespür für flinke Autos, aber arg direkten Umgangsformen, die manchen aus der britischen Enthusiastentruppe verschrecken könnten. Mal sehen, ob die Mentalitäten zum Wohle Aston Martins zusammenfinden.
Wer weiß, dass für Lamborghini der Urus aus dem Stand heraus zum meistverkauften Modell geworden ist, wird dem DBX gute Chancen einräumen, obwohl er so spät auf die Party kommt. Dabei sind die Engländer zum Glück nicht der Versuchung erlegen, mit einem provokanten Konzept aus der Masse herausstechen zu wollen. Vielmehr bleiben sie ihrer Linie treu, fulminante Fahrleistungen mit elegantem Understatement zu kombinieren. Angesichts von fünf Metern Länge und 2,5 Tonnen Gewicht ist das eine Kunst. Dass sich die Handwerker auf der Insel immer einen verqueren Gedanken mehr machen als die Konkurrenz, ist schon am Scharnier der hinteren Tür zu erkennen. Es wird an einem senkrecht integrierten Dämpfer geführt, der in Bewegung Faltkunststücke vollbringt. Oder an den schicken rahmenlosen Scheiben. Gleichsam zu Aston Martin gehören die Plakette mit dem Schriftzug, an welcher der Monteur als letzter persönlich Hand angelegt hat, als auch die mit majestätischer Ruhe zu ertragende Fertigungstoleranzen etwa an den Karosseriefugen oder mal eine abstehende Fensterdichtung. Ach, man muss die Marke einfach lieben. Und mindestens 193.500 Euro überweisen, was ein nicht weiter ernst zu nehmender Grundpreis und im Vergleich zur Konkurrenz geradezu ein Sonderangebot ist.
August 17, 2020 at 07:46PM
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Retten lassen wir uns jetzt - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung
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